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Tille: "Mit der Titelverteidigung könnten wir wieder etwas Besonderes schaffen"

Fr 01.03.2024
Foto: Andrea Gora/Justus Stegemann
Foto: Andrea Gora/Justus Stegemann

Johannes Tille hat eine ebenso erstaunliche wie erfreuliche Entwicklung genommen, seit er im Sommer 2022 aus der zweiten französischen Liga zu den BR Volleys wechselte. Der 26-Jährige sollte ursprünglich behutsam hinter Sergey Grankin und dann doch Angel Trinidad aufgebaut werden. Als der Spanier sich verletzte, erhielt der junge Bayer das Vertrauen und führte seine Mannschaft zum Pokaltitel und Gewinn der Meisterschaft. Danach begeisterte er ganz Volleyball-Deutschland bei der erfolgreichen und sensationallen Olympia-Qualifikation mit der Nationalmannschaft. Nun könnte Tille in Mannheim am Sonntag (03. Mrz um 16.15 Uhr) beim Pokalendspiel gegen seinen Ex-Verein aus Herrsching den nächsten Triumph folgen lassen. Ein Gespräch über sein spezielles Jahr 2023, seine Volleyball-verrückte Familie und warum er nicht Libero sein mochte:

Johannes, fast hätte es am Sonntag zu einem Duell mit Deinem Bruder Ferdinand kommen können. Allerdings hat der vergangenen Sommer seine Karriere in Herrsching mit 34 Jahren beendet. Bist Du jetzt ein bisschen traurig darüber?
Johannes Tille: „Ja, natürlich. Es hat immer Spaß gemacht, gegen ihn zu spielen. Er war auch mein Vorbild, als ich noch ein junger Bub war. Deswegen war es für mich schon ein trauriger Moment, zu wissen, dass er jetzt nicht mehr spielt.“

Seid Ihr denn häufig gegeneinander angetreten?
Tille: „Gar nicht so häufig. Als ich beim VC Olympia war, habe ich zweimal gegen ihn gespielt, dann noch zweimal mit Solingen. Danach haben wir drei Jahre zusammen für Herrsching gespielt und dann erst wieder letzte Saison zweimal mit den BR Volleys gegen Herrsching. Ferdl stand übrigens dreimal mit Unterhaching im Pokalfinale und hat dreimal gewonnen.“

Und Du warst einmal im Finale und hast auch gewonnen. Eine Serie wäre also gerissen …
Tille: „Ja. Eventuell wäre es in diesem Jahr anders gelaufen für ihn.“ (lacht)

Kennst Du noch viele von den Herrschinger Spielern? Du warst dort von 2019 bis 2021.
Tille: „Es sind, glaube ich, noch zwei oder drei, mit denen ich damals zusammengespielt habe. Ansonsten sind dort auch viele junge Deutsche, die ich aus den verschiedenen Nationalmannschaften kenne. Das heißt, der Großteil ist mir ganz gut bekannt.“

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Ihr Tilles seid eine sehr Volleyball-begeisterte Familie, mit drei Brüdern, die es in die Nationalmannschaft geschafft haben…
Tille: „…und einer Schwester, die auch Volleyball gespielt hat.“

Auch in der Nationalmannschaft?
Tille: „Nein, das nicht, sie hat früh aufgehört, war aber sehr talentiert und hätte das auch schaffen können.“

Wie kam es dazu? Waren Eure Eltern selbst im Volleyball aktiv?
Tille:Ja, meine Mutter hauptsächlich als Freizeit-Sportlerin. Mein Papa auch freizeitmäßig, aber er hat schon sehr früh als Trainer angefangen. Bei uns zu Hause, beim TSV Mühldorf, war er auch Jugendtrainer, das heißt, wir waren alle vier bei ihm im Jugendtraining. Ferdl hat sich mit 15 entschieden, ins Volleyball-Internat nach Kempfenhausen zu gehen. Da waren wir jüngeren Brüder sechs und acht Jahre alt. Mit 17 spielte Ferdl dann in der Bundesliga. Und für uns Kleinen war da schon klar: Das ist auch unser Ziel.“

Volleyball war dann ja wahrscheinlich ein Dauerthema in der Familie?
Tille: „Früher war das schlimmer, da haben wir wirklich noch mehr über Volleyball gesprochen. Mittlerweile sind wir auch ganz froh, wenn wir uns mal über andere Themen unterhalten.“

Kommt die ganze Familie zum Zuschauern nach Mannheim, um Dich zu unterstützen?
Tille:Ja, ich glaube tatsächlich, dass alle da sein werden. Ich meine, Ferdl hat Tickets von Herrsching bekommen.“

Muss er dann etwa die WWK Volleys Herrsching anfeuern?
Tille: „Na ja, das prüft hoffentlich keiner. Ich würde aber mal behaupten, meine Familie steht auf meiner Seite.“

Du kennst das bereits aus dem vergangenen Jahr, dieses Pokalfinale vor großer Kulisse, mit einer Hand am Cup – wie gehst Du in dieses Spiel?
Tille: „Ich denke, ähnlich wie im letzten Jahr. Es ist jetzt nicht weniger wichtig, weil ich es schon einmal gewonnen habe. Ich freue mich riesig drauf, es war 2023 ein richtig gutes Event. Außerdem: Zweimal hintereinander hat Berlin noch nie den Pokal geholt. Das heißt, wir können etwas Neues schaffen. Und in deratig großen Arenen zu spielen, macht immer Spaß. Das haben wir nicht allzu häufig, die SAP Arena ist ja sogar noch ein Stückchen größer als die Max-Schmeling-Halle.“

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Dein Kapitän in Berlin, Ruben Schott, hat beim Rückblick auf 2023 festgestellt: Der Johannes hat ein richtig geiles Jahr gehabt. Erste Meisterschaft, erster Pokalsieg als Stammspieler, Olympia-Qualifikation – und alles weil sich Angel Trinidad als eigentlich erster Zuspieler verletzt hat …
Tille:
Ich habe auf diese Chance gewartet. Bereit gefühlt habe ich mich immer. Natürlich ist es nicht ganz einfach, von einem Verein wie Herrsching oder aus der zweiten Liga in Frankreich zu so einem etablierten Klub wie Berlin als erster Zuspieler geholt zu werden. Darum war ich sehr froh, dass mir in dieser Situation dann das Vertrauen gegeben wurde. Ich glaube, alle haben auch recht schnell nach den ersten Spielen gemerkt, dass das ganz gut funktionieren kann. Nach Angels Verletzung wusste ich anfangs nicht, ob auf mich gezählt oder ein anderer Zuspieler geholt wird. Deshalb war ich sehr froh, als ich die Möglichkeit erhalten habe. Ich glaube, ich habe diese ganz gut genutzt. Dann ging es irgendwie immer so weiter, von Spiel zu Spiel, Sieg zu Sieg und Erfolg zu Erfolg.“

Was sich sogar in der Nationalmannschaft fortsetzte. Dort hatte Kapitän Lukas Kampa die Nase vorn, aber auch den plagten Verletzungen…
Tille: „…zunächst war es so, dass Lukas in der Volleyball Nations League in der ersten Woche gespielt hat und ich für die zweite eingeplant war. Es lief aber in der ersten Woche schon nicht so gut, deshalb bekam ich dort bereits meine Einsatzzeiten vom Bundestrainer und blieb erster Zuspieler für die VNL-Saison. Ich hatte also schon viele Spiele mit den Jungs, habe mir den ersten Platz erkämpft. Danach kam die EM, wo Lukas wieder die Nummer eins sein sollte, aber er hatte sich verletzt, so war ich erneut am Zug.“

Danach kam die Olympia-Qualifikation in Brasilien, ein Turnier wie ein Traum, wie im Rausch, für die komplette Nationalmannschaft, aber speziell für Dich. Gegen den Iran, Kuba, den Olympia-Zweiten Brasilien, Weltmeister Italien, allerhöchste Konkurrenz – es ging um sehr viel und Ihr seid als krasser Außenseiter gestartet.
Tille: „Die beiden großen Spiele waren sicher Brasilien und Italien. Gegen Brasilien war die Arena ausverkauft, gegen Italien mussten wir schon gut 17 Stunden später ran. Viel Erholung gab es da nicht. Das waren zwei echt wilde Tage. Natürlich waren alle aufgeregt, ich auch. Aber irgendwie hat es das gesamte Team bei diesem Event geschafft, das beiseitezuschieben. Du hast bemerkt, bei den anderen läuft es, bei dir läuft es, da blieb gar nicht viel Raum, um sich Gedanken darüber zu machen, ob ich nervös bin oder nicht.“

In Brasilien war Deutschland krasser Außenseiter, in Mannheim ist das Herrsching. Eine Gefahr?
Tille: „Wir dürfen keinen Gegner unterschätzen, das haben wir zum Beispiel in der Bundesliga in Dachau vor Augen geführt bekommen. Ich traue Herrsching viel zu. Die Mannschaft hat sich perfekt auf das Pokalfinale vorbereiten können, wird sehr fit sein. Wir haben die beiden Matches gegen Trentino und die Partie gegen Lüneburg in den Knochen. Aber mental darf das kein Problem sein, das ist das Pokalfinale. Hier ist jeder voll motiviert.“

Gibt es für Dich persönlich eine besondere Vorbereitung, weil es ein besonderes Spiel ist? Oder sagst Du, bloß nichts an der Routine ändern? Hörst Du eine spezielle Musik, um Dich einzustimmen?
Tille: „Ich bereite mich eigentlich immer gleich vor, egal, ob ein spezielles Spiel ansteht. Ich habe aber jetzt auch keine großartigen Routinen. Der Unterschied ist bei mir, dass die Vorfreude auf solche Spiele größer ist. Dass ich es nicht erwarten kann, dass es losgeht. Musik höre ich allein nicht viel vor Spielen. Ich will nicht schon zweieinhalb, drei Stunden vorher so hyped sein und dann wieder runterkommen in der Zeit, wo du nichts zu tun hast. Dann bin ich lieber vorher ruhig, auch beim Warmup. Mich darauf einzustimmen, versuche ich dann erst kurz vor dem Spiel. Ich will nicht zwischendrin wieder so eine ruhige Phase haben.“

Eine Frage stellt sich angesichts der Tille’schen Familientradition fast von allein. Deine Brüder Ferdinand und Leonhard sind beide Liberos geworden, Deine Schwester Veronika Libera. Du bist Zuspieler geworden. Warum?
Tille:Wir haben alle in der Jugend auch Angreifer gespielt. Selbst meine Brüder hatten nie wirklich Lust auf Libero, aber bei den Herren hat halt immer einer gefehlt. Ich wusste allerdings schon recht früh: Ich mache das nicht, fange lieber als Zuspieler an. Im Nachwuchs habe ich damals noch relativ viel angegriffen. Dann hatte ich einmal in der Bayern-Auswahl ein bisschen Knieprobleme, konnte nicht ganz so gut springen. Da hat sich’s dann entschieden.“

Als Zuspieler kannst Du immerhin ab und zu Deine Leidenschaft fürs Angreifen ausleben…
Tille: „… genau. Ich kann aufschlagen, ich kann blocken, ich darf einfach viel mehr machen als der Libero. Deshalb bin ich ganz froh, wie es gekommen ist.“

Abschließend: Welcher Gedanke motiviert Dich besonders für Sonntag?
Tille: „Ich muss schon sagen, mit der Titelverteidigung könnten wir für den Verein wieder etwas Neues und ganz Besonderes schaffen."

Das Pokalfinale wird am Sonntag ab 15.45 Uhr live bei Dyn übertragen.

Auch das Volleyball Magazin widmet sich in der aktuellen Ausgabe ausführlich Zuspieler Johannes Tille.

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