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Die Affenbande ist nicht nur laut, sie hat auch gelernt zu beißen

Di 18.02.2025
Fotos: Achim Keller, Stefan Tapken
Fotos: Achim Keller, Stefan Tapken

Vergangene Saison war der VC Bitterfeld-Wolfen die größte sportliche Überraschung der Volleyball Bundesliga, in diesem Jahr ist es die FT 1844 Freiburg. Nicht allein wegen des Erfolgs auf dem Court. Ihre Heimspiele sind fast immer ausverkauft, ihre enthusiastischen Fans in der ganzen Liga bekannt. Am Samstag (22. Feb um 18.00 Uhr) gastieren die Freiburger in der Max-Schmeling-Halle beim Deutschen Meister BR Volleys.

Manchmal muss Florian Schneider den Kopf schütteln, wenn er auf den Saisonverlauf blickt. „Hätte mir jemand gesagt, wir schlagen Giesen, wir schlagen Düren, hätte ich geantwortet: wahrscheinlich, aber nicht in dieser Welt“, gibt der Sportliche Leiter und Teammanager der FT 1844 Freiburg zu. Nun lautet die Zwischenbilanz trotz des etwas ernüchternden 0:3 gegen die WWK Volleys Herrsching am vergangenen Sonntag: 12 Siege in 20 Spielen, 41:28 Sätze, Tabellenrang sieben, Playoff-Platz gesichert. Die Badener „Affenbande“ versetzt alle in Staunen, sogar sich selbst. „Wenn wir ehrlich sind“, gibt Schneider zu, „hatten wir nicht auf der Agenda, dass es so gut laufen könnte.“

Nun gibt es Lob von allen Seiten für das etwas andere Volleyball-Projekt aus dem Südwesten Deutschlands. „Wir sehen, dass in Freiburg eine kleine Euphorie entstanden ist“, freut sich VBL-Geschäftsführerin Julia Retzlaff, „da geht richtig was ab bei den Spielen, sie haben ein superjunges Publikum. Es ist eine Alleinstellung bei der Art und Weise, wie sie ihre Heimspiele inszenieren, mit ihrem Dschungel und ihrer Affenbande. Und die Begeisterung schwappt vom Publikum auf die Mannschaft über.“ Auch BR Volleys Geschäftsführer Kaweh Niroomand sieht viel Gutes: „Die Entwicklung ist sehr positiv. Es gibt eine sehr junge Fangemeinde, was wir auch nicht überall haben. Wir haben als Liga den Weg bereitet, dass Vereine unter vereinfachten Bedingungen die Möglichkeit bekommen, in der Liga Fuß zu fassen und ein stabiler Bundesligist zu werden. Ich habe den Eindruck, Freiburg steht da an oberster Stelle.“

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Gründe für den Aufschwung gibt es verschiedene. Weiterentwicklung war immer schon ein wichtiges Anliegen der Freiburger. Über viele Jahre spielte der Klub in der Zweiten Liga, forcierte dabei stets die Nachwuchsarbeit. „Vor 15 Jahren haben wir als einer der ersten Vereine einen hauptamtlichen Jugendtrainer eingestellt“, so Schneider, „mit dem Ziel, eigene Talente in die erste Mannschaft zu transferieren.“ Als sich vor fast zwei Jahren die Gelegenheit bot, in die Bundesliga aufzusteigen, reichte das allein nicht mehr. In der Premierensaison wurde die FT mit nur vier Siegen Drittletzter der Tabelle, hinter den Mitaufsteigern Dachau, Karlsruhe und Bitterfeld-Wolfen.

Freiburgs Verantwortliche um Schneider und Trainer Jakob Schönhagen suchten gezielt nach Verstärkung. Sie fanden den US-Amerikaner Kevin Kobrine, Diagonalangreifer und aktuell Netto-Topscorer der Liga. Dazu dessen Landsleute Timothy McIntosh (Libero) und Charles Figy sowie den Kanadier Liam Kristjanson (beide Mittelblock), die sowohl spielerisch als auch charakterlich zum Team passten. „Wir sind mit allen Vieren zufrieden“, betont Schneider, „der Zusammenhalt im Team ist noch nie so gut gewesen. Aber da war auch Glück dabei. Unser sportlicher Erfolg ist ein Zusammenspiel aus den Neuverpflichtungen und dem Stamm der Spieler, die geblieben sind. Alles hat sich sehr gut zusammengefügt.“

Schneider ist Mahner und Macher zugleich. Der 53-Jährige hat in der zweiten Liga einst für den Klub gespielt. Eigentlich ist er Intensivpfleger, doch den Job übt er nur in Teilzeit aus. Mehr geht nicht bei seinen vielfältigen Aufgaben für die FT. Zumal er ja noch die 2. Herren trainiert. Und die 1. Damen. Wäre bei so viel Engagement nicht Hauptamtlichkeit die logische Konsequenz, für ihn wie für den Verein? „Ich kann ganz gut mit meinem Ehrenamt leben“, weist er die Idee zurück, „wenn Geld da wäre zum Investieren, dann lieber in andere Dinge als in mich.“

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Zugleich beharrt Schneider darauf, „dass das hier keine One-Man-Show ist. Wir verteilen die Aufgaben immer mehr.“ Die FT ist ein Sportverein mit 7.500 Mitgliedern in 19 Abteilungen, der drittgrößte Südbadens nach dem SC Freiburg und den Alpinisten. Es geht nicht nur um Volleyball, aber die Hauptamtlichen in der Geschäftsstelle unterstützen die „Affenbande“, so gut es geht, in der Sponsorenakquise wie bei den Finanzen im Allgemeinen. Man habe ein „extrem gutes Verhältnis zur Geschäftsführung“, betont Schneider, „sie tragen unsere Idee mit. Alles ist ein Miteinander.“ VBL-Managerin Retzlaff hebt das hervor: „Die machen wirtschaftlich einen grundsoliden Job, da wird sich nicht übernommen. Es geht in kleinen Stücken vorwärts.“

Das soll es weiterhin. Von einer Freiburger Studententruppe will Schneider nichts hören. „Momentan haben wir nur drei Spieler, die beruflich noch eingebunden sind. Alle anderen sind Profis. Alle machen alle Trainingsumfänge komplett mit.“ Natürlich könne in Freiburg nicht so viel Geld verdient werden wie etwa in Giesen oder Düren, „die haben Etats von 1,5 Millionen Euro, wir nicht mal die Hälfte“. Dafür stimmen die Strukturen, medizinische Betreuung, Trainingsmöglichkeiten, Unterbringung. „Wenn wir auswärts spielen“, sagt der Sportliche Leiter, „reist die Mannschaft einen Tag vorher an und übernachtet in einem ordentlichen Hotel.“

Aber ganz besonders sind die Heimspiele. Das zumeist junge Publikum veranstaltet in seinem Dschungel einen Höllenlärm. Neun von elf Partien in der Act-Now-Halle, erst 2019 auf dem Vereinsgelände eröffnet, waren mit 1.500 Zuschauern restlos ausverkauft, die Breisgauer liegen auf Platz fünf im Bundesliga-Zuschauer-Ranking. Nur gegen die ersten Drei der Tabelle (Berlin, Lüneburg, Herrsching) wurde verloren. Die Begeisterung ist so groß, „wir hätten locker Potenzial für 2.000“, ist Schneider überzeugt. Mithilfe einer mobilen Zusatztribüne wäre diese Zahl machbar. Nur würde das zunächst mal Kosten verursachen. „Und wir sind fein mit den 1.500. Die Stimmung ist super, positiv, laut, energetisch. Sogar ohne Animateur, das geht von den Fans selbst aus.“ Am besten gefällt ihm, wenn Leute ihm berichten, sie kennen sich mit Volleyball gar nicht aus, sondern kommen wegen der einmaligen Atmosphäre. Trotzdem hebt er nicht ab: „Man muss den Hype auch einordnen.“ Er ahnt: „Es wird einen Gewöhnungseffekt geben. Mal sehen, wie es ist, wenn es mal sportlich nicht so läuft.“   

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Die Zeit wird es zeigen. Schneider wünscht sich, dass die FT Freiburg von der Liga diese Zeit bekommt: „Lüneburg, Herrsching oder Giesen sind auch nicht in zwei Jahren dort gelandet, wo sie jetzt sind. Sie haben es irgendwann einfach probiert. Es mag hochgegriffen klingen, aber es wäre doch fahrlässig, sich nicht an denen zu orientieren.“ Dazu braucht es die nächsten Schritte. „Ich hoffe, dass sie weiter wachsen können“, sagt Kaweh Niroomand und gibt gleich einen Rat mit, wie das geht: „Es ist zu hoffen, dass im Spieler- wie im Management-Bereich immer mehr Hauptamtlichkeit einzieht.“

„Wir sind uns der Problematik voll bewusst und versuchen, uns weiterzuentwickeln“, stimmt Schneider zu. Jetzt freut er sich aber erst einmal auf den Besuch beim Rekordmeister. Zum einen, weil er einen Bruder in Berlin hat – und sogar einen Neffen, der mit den SCC JUNIORS bereits Deutscher Meister wurde. Zum anderen, weil 50 bis 60 Freiburger Fans die gut 800 Kilometer lange Reise mit antreten wollen. Ist vielleicht ein Satzgewinn drin? „Den Anspruch haben wir“, sagt er, „doch in der Endkonsequenz entscheiden nicht wir darüber, ob wir einen Satz holen, da entscheiden die BR Volleys schon ein bisschen mit.“ So oder so will er das Spiel im Volleyballtempel genießen. Denn immer, wenn er dort war, „war es einfach geil!“ Wenn schon ein Freiburger das sagt…

Tickets für das vorletzte Heimspiel der BR Volleys in der Bundesliga-Hauptrunde am 22. Februar um 18.00 Uhr gegen die FT 1844 Freiburg gibt es hier: www.br-volleys.de/ticketshop

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